Marlo Grosshardt: Ein letztes Liebeslied

Marlo Grosshardt credit Elias Martens

Auf seinem Debütalbum „Ein letztes Liebeslied“ offenbart der Hamburger Marlo Grosshardt sein riesengroßes Songwritertalent

von Gérard Otremba

Man kann es nicht wirklich glauben, dass es sich bei „Ein letztes Liebeslied“ um ein Debütalbum handeln soll. Ist aber so. Allerdings klingt Marlo Grosshardt darauf wie ein alter Hase mit jugendlichem Elan. Ich habe gestern über das ebenfalls am Freitag erscheinende neue Album von Die Regierung geschrieben, dass es eine bessere erste Hälfte einer deutschsprachigen Platte in diesem Jahr kaum geben würde. Aber dicht dahinter folgen wohl auf einer Höhe Tristan Brusch und Marlo Grosshardt (noch vor Element Of Crime).

Marlo Grosshardt und „Christian Lindner“

Der Hamburger Songwriter holt schon auf dem Debüt zum großen Schlag aus und fast hat man das

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Gefühl, es sei gleichzeitig seine Abschiedsvorstellung. Doch ist Marlo Grosshardt erst Anfang Zwanzig und so gehe ich mal davon aus, dass noch weitere Alben folgen werden. Die Messlatte für zukünftige Werke hängt jetzt aber relativ hoch. Tristan Brusch und ganz besonders der Schweizer Kollege Faber heißen u.a. die Referenzen für stimmlichen Ausdruck und die Kunst des Arrangements bei Grosshardt. Mit der herrlichen, das Album beschließenden, sehr witzigen und doch so treffenden Abrechnung auf den neoliberalen Kapitalismus, „Christian Lindner“, sowie der EP „Schön provokant“, deren fünf Tracks auf dem Album zu finden sind, hat sich Grosshardt völlig zu Recht bereits im Vorfeld einen Namen in Indie-Kreisen gemacht. Sein Sinn für eingängige, leicht hymnische Musik und kluge Texte hat sich da schon gezeigt und hält auch auf Albumlänge.

Provokative Texte

Manchmal setzt er der Hymnik noch Drama und feierliches Pathos hinzu. Das von Sounds & Books als Song des Tages vorgestellte „Tanz für mich“ mit überschwänglichen Streichern dient hierfür als bestes Beispiel. Auf der anderen Seite versteht sich Grosshardt auch auf die leise Dynamik wie in „Balladen“. Indie-, Pop-, Walzer- und Kletzmer-Klänge bereichern dieses Album, das mit großartigen Melodien und düster-romantischen sowie provokativen Texten aufwartet (siehe „Angestellt sein“ und „Paradies bauen“). „Ihr spielt verliebt, nur wegen seinem Geld“ dichtet Grosshardt im schönsten Lied „Jungfernstieg“. Liebe und Reichtum als Schein in einem traurigen, getragenen und würdevollen Arrangement. Ein Album mit zehn Songs ohne Fehl und Tadel. Hamburg hat mit Marlo Grosshardt ein riesengroßes Songwritertalent.

„Ein letztes Liebeslied“ von Marlo Grosshardt erscheint am 25.08.2023 bei The 5150. (Beitragsbild von Elias Martens)    

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